Bericht von Thela Wernstedt
2017 wurde in Kopenhagen eine neue Müllverbrennungsanlage in Betrieb genommen. Die 85 m hohe Anlage versorgt 160.000 Haushalte in der dänischen Hauptstadt mit Fernwärme und etwa 70.000 Haushalte mit Strom. Sie liegt innenstadtnah, aber nicht direkt in der Innenstadt, sondern in den weit verzweigten Hafenanlagen im Öresund.

Müllverbrennungsanlage Kopenhagen

Sie ist emissionsarm, architektonisch sehr anspruchsvoll gestaltet und hat neben den Funktionen Müllverbrennung, Strom und Wärmeproduktion zwei Freizeitattraktionen zu bieten. An der Außenfassade befindet sich eine Kletterwand und auf dem Dach neben einer Aussichtsplattform eine Skipiste. Im flachen Dänemark muss man sonst für Wintersportaktivitäten nach Norwegen ausweichen. Seit der Eröffnung der Skipiste 2019 geht es nun auch in Dänemark, wenn auch auf grünen Spezialgummimatten.

Von der Verbrennungskapazität her ist die Anlage überdimensioniert, um allein den Kopenhagener und anderen Müll aus Dänemark zu verbrennen. Zur besseren Auslastung wurde zunächst Müll aus Großbritannien zugekauft. Der hatte durch seine Zusammensetzung einen zu schlechten Brennwert, so dass inzwischen Müll aus Deutschland nach Kopenhagen zur Verbrennung transportiert wird.

Solange Restmüll vorhanden ist, ist Verbrennung eine Form der Müllbeseitigung und Wärme- und Stromgewinnung. Auch Hannover hat in Lahe an der großen Mülldeponie für Hannover eine Verbrennungsanlage. Da auch der hannoversche Energieversorger Enercity die Strom- und Wärmegewinnung decarbonisieren muss, stellt sich für die vorhandenen Standorte, so auch für das Kohlekraftwerk Stöcken, die Frage, welche Alternativen zur Energiegewinnung gewählt werden sollten. Fest steht, dass es eine Vielzahl von Standorten und technischen Verfahren wird geben müssen. Enercity braucht dafür noch Modellrechnungen und die Auswertung dieser Modelle, um in eine fachlich fundierte Standortplanung gehen zu können.

Wenn man den Standort in Kopenhagen betrachtet, stellen sich viele Fragen. Um nur einige zu nennen:

Wie energieaufwändig ist es, Müll durch Europa/durch Deutschland zu transportieren, um ihn zentral/in der Nähe dichtbesiedelter Wohngebiete verbrennen zu lassen? Ist es technisch notwendig wohnortnah zu bleiben oder kann Müllverbrennung auch außerhalb von Ballungsräumen sinnvoll betrieben werden? Entstehen Schadstoffe bei der Verbrennung? Wenn ja, gelingt es die Emissionen so zu filtern, dass sie nicht in die Luft abgegeben werden? Was geschieht mit den Filterresten und der Schlacke? In welchen Größenordnungen sollten Müllverbrennungsanlagen geplant werden, angesichts der Notwendigkeit insgesamt die Menge des Hausmülls zu verringern? Welche Strassen-/Schienen-/Kanalkapazitäten braucht es, um Müll an- und Schlacke abzutransportieren zu können?